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Astronomie

Naher Exoplanet riecht nach faulen Eiern

Astronomen weisen erstmals Schwefelwasserstoff auf einem extrasolaren Planeten nach

Exoplanet HD 189733b
Dieser nahe Exoplanet könnte nach faulen Eiern stinken, denn die heiße Gashülle von HD 189733b enthält Schwefelwasserstoff. © Roberto Molar Candanosa/ Johns Hopkins University

Nicht lecker: Astronomen haben erstmals Schwefelwasserstoff auf einem Exoplaneten nachgewiesen – dieses Gas ist für seinen penetranten Geruch nach faulen Eiern bekannt. Das James-Webb-Teleskop zeigte nun die spektrale Signatur dieses Moleküls auf dem nur 63 Lichtjahre entfernten Gasriesen HD 189733b, wie das Team in „Nature“ berichtet. Der uns nächstgelegene „heiße Jupiter“ ist demnach nicht nur fast 1.000 Grad heiß und hat tobende „Glasstürme“ in seiner Atmosphäre – er stinkt wahrscheinlich auch.

Der extrasolare Gasriese HD 189733b ist einer der am besten untersuchten Exoplaneten überhaupt, denn er liegt nur 63 Lichtjahre von uns entfernt und zieht etwa alle zwei Tage gut sichtbar vor seinem Mutterstern vorbei. Deshalb haben Astronomen schon einige Eigenheiten dieses knapp 1.000 Grad heißen, etwa jupitergroßen Gasplaneten ermittelt. So enthält seine dunstige Gashülle neben Kohlendioxid und Kohlenmonoxid auch Wasserdampf und Silikatpartikel. Letzte werden als winzige Glaskörnchen von bis zu 7.000 Kilometer pro Stunde schnellen Stürmen durch die Atmosphäre des Exoplaneten gejagt – nicht sonderlich angenehm.

Gasriese HD 189733b
Der heiße Gasriese HD 189733b ist seinem Stern 13-mal näher als der Merkur der Sonne. © ESA/NASA, G. Tinetti/ University College London and M. Kornmesser/ESA/Hubble

Spektraler Fingerabdruck von Schwefelwasserstoff

Jetzt gibt es neue Einblicke in die Atmosphäre dieses uns am nächsten gelegenen „heißen Jupiter“: Astronomen um Guangwei Fu von der Johns Hopkins University in Baltimore haben HD 189733b mit der hochauflösenden Nahinfrarotkamera (NIRCam) des James-Webb-Teleskops ins Visier genommen. Dies ermöglichte es ihnen, das Lichtspektrum und damit die Zusammensetzung der planetaren Gashülle genauer als bisher zu analysieren.

Das Ergebnis: Neben Wasserdampf, CO2 und Kohlenmonoxid entdeckten die Astronomen eine weitere spektrale Signatur in der Gashülle von HD 189733b – den chemischen Fingerabdruck von Schwefelwasserstoff (H2S). Dieses Molekül ist bei uns für seinen penetranten Geruch nach faulen Eiern berüchtigt. Er ist schon bei geringen Konzentrationen von H2S deutlich wahrnehmbar. Demnach könnte es auch auf dem heißen Jupiter HD 189733b nach faulen Eiern riechen.

Erster extrasolarer Nachweis dieses wichtigen Moleküls

Wichtig ist dieser erste Nachweis von Schwefelwasserstoff auf dem Exoplaneten aber vor allem deshalb, weil er mehr über die grundsätzlichen Prozesse in der Atmosphäre solcher Gasriesen verrät. „Schwefelwasserstoff ist ein wichtiges Molekül, von dem wir vorher nicht wussten, dass es auf diesem Planeten vorkommt“, sagt Fu. „Zwar ist es auf dem Jupiter präsent, aber wir haben Schwefelwasserstoff noch nie zuvor außerhalb unseres Sonnensystems nachgewiesen.“

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Wie die Astronomen erklären, ist Schwefel ein wichtiger Baustein für komplexere Moleküle, darunter viele biologische relevante Verbindungen. „Wir erwarten natürlich auf diesem Planeten kein Leben, weil er viel zu heiß ist“, erklärt Fu. Aber der Nachweis des Hydrogensulfids auf HD 189733b sei ein erster Schritt, um dieses Molekül auch auf anderen, potenziell lebensfreundlicheren Exoplaneten aufzuspüren. „Das hilft uns auch zu verstehen, wie sich die verschiedenen Arten von Planeten gebildet haben“, so der Planetenforscher.

Zu heiß für Methan und viele „Metalle“

Interessant ist jedoch auch, was die Analysen nicht in der Gashülle von HD 189733b fanden: Anders als es frühere Beobachtungen nahelegten, scheint es auf dem heißen Jupiter doch kein oder nur extrem wenig Methan zu geben. „Wir haben schon vermutet, dass dieser Planet eigentlich zu heiß für höhere Konzentrationen von Methan ist. Jetzt wissen wir, dass das stimmt“, sagt Fu. Demnach liegt der Gehalt von Methan auf HD 189733b wahrscheinlich unter 0,1 parts per million (ppm).

Die neuen Messungen liefern auch neue Hinweise darauf, wo und wie dieser extrasolare Gasplanet entstanden ist. Denn aus den spektralen Daten ermittelten die Astronomen, dass HD 189733b ähnlich viele schwerere Elemente aufweist wie unser Jupiter. Seine Metallizität ist rund drei bis fünf Mal höher als die seines Muttersterns, wie das Team ermittelte. „Dies liefert uns einen wichtigen Anhaltspunkt dafür, wie die Zusammensetzung eines Planeten mit seiner Masse und seiner Größe variiert“, erklärt Fu.

Akkretion statt Gaskollaps?

Denn gängigen Modellen nach ist der Anteil schwererer Elemente in einem Planeten umso höher, je mehr feste Anteile im Form von Gesteinsbrocken und anderen Planetenbausteinen er in seiner Entstehungszeit ansammelte. Die jetzt bei HD 189733b gemessenen Werte legen daher nahe, dass der Gasplanet einen festen Kern aus Gestein, Eis und Metallen enthält und dass dieser Kern durch Ansammlung wassereisreicher Planetesimale entstand, die das Team berichtet.

Dies erlaubt wiederum Rückschlüsse darauf, wie jupitergroße Planeten allgemein gebildet wurden – ob durch lokalen Kollaps der Gas- und Staubwolke des Sterns oder aber durch allmähliche Akkretion von Staub und größeren Brocken, denen dann später die dicke Gashülle folgte. (Nature, 2024; doi: 10.1038/s41586-024-07760-y)

Quelle: Johns Hopkins University

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